Raymond Sebastiani liebt die Kunst. Der 63-jährige Mieter der Haydnstraße malt schon sein ganzes Leben lang. Und verblüfft mit so mancher Überraschung.
Raymond Sebastiani sitzt im großen Gemeinschaftsgarten bei ihm Zuhause an der Haydnstraße und zündet sich eine Zigarette an. Seit 30 Jahren lebt er hier, denn „was besseres gibt es nicht.“ Er hat sich nach Feierabend Zeit genommen um zu erzählen. Über sich und vor allem: über seine Kunst.
Dabei räumt er gleich mit einem Klischee auf: Am einsamen Künstler in seinem Atelier muss nicht immer etwas dran sein. Herr Sebastiani malt am liebsten in Begleitung.
Schon als Kind malte er mit seiner Mutter – und lernte über sie auch seine jetzige „Malpartnerin“, Frau Schroer, kennen und schätzen.
„Sie malt hauptsächlich Postkarten“, erzählt Raymond Sebastiani und fügt mit Bedauern hinzu, dass sie seit Beginn der Corona-Pandemie nur telefonisch Kontakt halten können.
Frau Schroer wohne zwar in Tönisvorst, aber in Zeiten von Corona hilft auch die örtliche Nähe nicht weiter. Insbesondere, da Frau Schroer älter sei als er.
Er hoffe sehr darauf, dass durch die Impfungen bald auch persönliche Treffen wieder möglich sein werden und sie beide gemeinsam malen können ohne einander zu gefährden.
Derzeit malt Herr Sebastiani stattdessen auf der Arbeit.
„Ich arbeite im HPZ und wir haben aktuell nicht viel zu tun.“
Seine Leitung dort sei einverstanden, dass er dann seine Malsachen auspackt.
„Was soll ich da rumsitzen und Däumchen drehen?“
Man könnte nun meinen, bei Raymond Sebastiani müssten Bilder über Bilder von ihm hängen. Immerhin malt er schon ein halbes Jahrhundert.
Tatsächlich hängen unzählige Bilder in Herr Sebastianis Zimmer und im ganzen Haus.
Von Caco finden sich einige, eins von Beuys, viele sind von anderen (ehemaligen) Mieter*innen der Haydnstraße, auch Werke von Herr Sebastianis Mutter und Schwester sind darunter. Und zu jedem Bild weiß Raymond etwas erzählen.
Aber unter all den Bildern findet sich kein einziges von Raymond Sebastiani. Lediglich eine von ihm bemalte Keramikmaske hängt in seinem Zimmer.
Wie kann das sein, wollt ihr wissen? Wo sind die ganzen Bilder hin? Ganz einfach, erklärt Raymond:
„Ich verschenke meine Bilder„
(Wer sich nun fragt, wie es sein kann, dass ihr hier trotzdem mit R.S. signierte Bilder bewundern könnt:
Ja, alle Bilder in diesem Artikel sind von Raymond gemalt!
Sie hängen allerdings nicht an der Haydnstraße, sondern bei Angelika Kuphal Zuhause, die sie freundlicherweise für uns abfotografiert hat und die Idee hatte, ihn und seine Kunst einmal hier vorzustellen.
Angelika arbeitet an der Haydnstraße und hat im Laufe der Jahre all diese Bilder von Raymond bekommen.
Danke, Angelika!)
„Früher habe ich auch Bilder verkauft, da habe ich meine Bilder in Neuss ausgestellt. Das ist aber bestimmt schon zwanzig Jahre her“, erzählt Raymond Sebastiani und lehnt sich verschmitzt vor:
„Was gefällt Ihnen denn so als Motiv?“
Denn das sei seine Inspiration:
„Ich frage jeden, Freunde, Kollegen, Arbeitgeber, auch schon eine Kassiererin im Supermarkt, ob ich ihnen ein Bild malen kann. Dann dürfen sie sich ein Motiv wünschen und bekommen ein Bild von mir geschenkt.“
Freude schenken, könne man das nennen.
Ihm selbst bereite die Kunst auch dann Freude, wenn er sie nicht gerade selbst macht oder verschenkt: Seine Freizeit verbringt Raymond Sebastiani am liebsten im Theater, im Ballett und in Ausstellungen.
Herr Sebastiani hätte auch noch zu jedem der hier gezeigten Bilder eine Erklärung oder einen Kommentar abgegeben. Aus technischen Gründen war dies zum Interview-Zeitpunkt nicht möglich.
Aber ich hoffe, ihr stimmt mir zu: Die Bilder dieses spannenden, talentierten Menschen sprechen für sich.
Danke für Ihre Zeit und Ihre Bilder, Herr Sebastiani. Hoffentlich machen Sie noch lange weiter damit, die Welt mit Ihren Bildern ein Stück schöner und bunter zu machen.